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Das Mädchen: Rezension: Unterschied zwischen den Versionen

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Ach Gott, allein beim Schreiben dieser Rezension kehre ich in Gedanken mit Trisha in diesen unheimlichen, endlosen Wald zurück und fühle mich darin wie der einzige Mensch auf einem fremden Planeten. "Das Mädchen" ist ein kurzes, intensives Erlebnis, für welches ich mich mit der Höchstwertung bedanken möchte.
 
Ach Gott, allein beim Schreiben dieser Rezension kehre ich in Gedanken mit Trisha in diesen unheimlichen, endlosen Wald zurück und fühle mich darin wie der einzige Mensch auf einem fremden Planeten. "Das Mädchen" ist ein kurzes, intensives Erlebnis, für welches ich mich mit der Höchstwertung bedanken möchte.
 
      
 
      
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==[[Benutzer:Horaz Klotz|Horaz Klotz]] (4 / 5)==
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Ein weiterer Roman, eine weitere menschliche Urangst. Diesmal arbeitet sich King am Motiv des Verirrens ab und entfaltet vor dem eindrucksvollen Hintergrund der amerikanischen Wildnis eine Geschichte, die an jedem Ort und zu jeder Zeit spielen könnte. Das ganze funktioniert für mich so gut, dass ich nicht wirklich nachvollziehen kann, wie viele die Geschichte langweilig fanden. Das ist ein Buch über das Überleben im Wald, klar dass da nicht auf jeder Seite Action wartet und das einige Handlungsstränge vorgegeben sind. - Die zunehmende Verzweiflung, seltsame Geräusche in der Nacht, die Suche nach Nahrung, das hat man natürlich alles schon gelesen, aber King gelingt es die trockenen Survival-Aspekte spannend zu halten. Bei einem so allgemeinen Thema kann man gar nicht anders als sich aus der Sicherheit seines Lesesessel heraus zu fragen wie man sich selbst in so einer Situation verhalten würde. Weiß ich wirklich welche Pilze und Beeren man essen kann? Könnte ich mir einen notdürftigen Unterschlupf bauen? Und was macht man eigentlich wenn nachts ein Wildschwein, ein Bär oder - ''etwas anderes'' durchs Gebüsch kriecht?
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So eine Identifikation mit der Hauptfigur gelingt natürlich besonders gut, wenn der Protagonist halbwegs sympathisch ist. Und auch hier liefert King gut ab. Trisha lässt das Klischee des hilflosen kleinen Mädchens schnell hinter sich und wird schon nach ein paar Dutzend Seiten zum ganz eigenen nachvollziehbaren Charakter. Dabei fand ich die gelegentlich ziemlich krassen Stimmungsschwankungen zwischen naiver Hoffnung und tiefer Verzweiflung nicht nur realistisch, sondern auch narrativ interessant. Ist Trisha am Anfang ihres Abenteuers noch eine klassische Kingsche Kinderheldin, die sich mutig jeder Gefahr stellt, erinnert sie in ihren düstersten Momenten an die deutlich erwachseneren Helden in ''Todesmarsch'', die einfach weiterlaufen obwohl sie jede Hoffnung verloren haben. Der Kniff die Stimmungslage über die aktuellen Baseball-Spiele zu spiegeln ist dabei manchmal ein bisschen dick aufgetragen, funktioniert aber insgesamt ziemlich gut. Und verglichen mit dem was andere in der Wildnis auf sich allein gestellte King-Charaktere so durchmachen müssen (''Überlebenstyp''), bleibt das ganze nett kindgerecht.
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Ist ''Das Mädchen'' bis hier ein solides, aber doch unauffälliges Survival-Abenteuer wird mit dem düsteren Gott der Verirrten ein King-typisches Horror-Element eingebaut. Was eine bisschen alberne Kinder-Version von ''Blair Witch Projekt'' hätte werden können - immerhin hinterlässt auch der Verirrten-Gott nachts mysteriöse Symbole und Zeichen im Wald - bleibt hier durchgehend spannend. King lässt sich wieder Mal auf den Drahtseilakt ein, bis zum Ende offen zu lassen ob hier wirklich ein echtes Monster durch die Handlung streift oder ob Trishas Kinderfantasie ihr einen Streich spielt. Das funktioniert wunderbar, besonders weil er sich auf Motive beschränkt, die einem im Wald wirklich gefährlich werden könnten statt sich in allzu fremdartigen Monster-Beschreibungen zu verlieren. Ein Bär und ein Wespenschwarm sind auch für sich genommen gruselig und die Idee dass sie sich in der Dämmerung im Geist eines verängstigten Kindes in ein echtes Monstrum verwandeln können, ist naheliegend genug. Leider geht dieser spannende Zweikampf Mädchen gegen Monster am Ende nicht wirklich auf. Nachdem sie sich über hunderte Seiten ganz allein durchgeschlagen hat, muss Trisha doch wieder von einem zufällig vorbeikommenden Wilderer gerettet werden. Immerhin fand ich es geschickt gelöst, dass der Bär/Gott nur vertrieben, nicht getötet wird und die bohrende Ungewissheit, was genau unsere Heldin da tagelang verfolgt hat bestehen bleiben darf.
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Fazit: Nett geradliniges Überlebensbuch, mit sympathischer Protagonistin und genau der richtigen Menge King-Monster-Fantasy. In dem Buch verirre ich mich gern mal wieder.
  
 
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Version vom 10. Januar 2019, 11:28 Uhr

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Croaton (3 / 5)

Wie schon Sie und vor allen Dingen Das Spiel ist der Roman Das Mädchen ein Buch mit einer sehr begrenzten Anzahl von Personen. Das (im Deutschen) titelgebende Mädchen, Patricia 'Trisha' McFarland, schlägt sich darin mutterseelenallein durch die Wälder Neuenglands, weil es aus eigenem Verschulden vom Appalachian Trail abgekommen ist. Doch sie kann das Geschehen ganz alleine tragen, da sie ein glaubwürdiger, liebenswerter Charakter ist. Sie ist ein Stadtkind und weiß nicht viel mehr über Wälder als der durchschnittliche Leser, was eine Identifikation mit der Protagonistin noch leichter macht.

Unverkennbar sind Parallelen zu Das Spiel. Wie auch im Fall von Jessie Burlingame, hört Trisha Stimmen, die sie begleiten. Während Jessie imaginäre Gespräche mit ihrer ehemaligen Schulfreundin Ruth führt, fantasiert sich Trisha den Baseballspieler Tom Gordon als ihre Begleitung zusammen. Ebenso die unbestimmte Bedrohung, die im Wald lauert, zeigt deutliche Ähnlichkeiten mit dem Erscheinen des Schattens in Jessies Zimmer, der sich schließlich als der Killer Raymond Andrew Joubert herausstellt.

Die Szenen, die es dem Durchschnitts-Deutschen etwas schwer machen, den Roman mit Begeisterung zu lesen, sind diejenigen, in denen King ein gewisses Verständnis für Baseball voraussetzt, um die Spannung zu verstehen, die Trisha empfindet, als sie im Wald per Walkman das Wirken ihres Idols Tom Gordon verfolgt. Ich persönlich werde Baseball nie verstehen - deshalb blieb mir nur das Überfliegen der entsprechenden Seiten.

Nicht leicht verdaulich ist der Schluss - für viele eine Enttäuschung, da nach all dem Gerede von einem 'Gott der Verirrten' dann doch 'nur' ein Bär hervorkommt, der Trisha angreift. Aber ist es nur ein Bär? King lässt die Frage offen (kann man dem Jäger Travis Herrick trauen, der in dem Bär für Sekunden lang als etwas undefinierbar Anderes sieht, was er aber niemals jemandem sagt?) - ein meines Erachtens etwas feiger Schluss, der mich nicht recht zu befriedigen wusste.

Insgesamt ein leicht verdaulicher, ganz netter Roman, der das wahre Können Kings nur in den Szenen aufzeigen kann, als Trisha sich vor dem Ding im Wald fürchtet.

Veröffentlicht auf BookOla.de

Wörterschmied

Erster Durchgang (0 / 5)

Das Mädchen ist eine Geschichte über ein kleines Mädchen - man könnte jetzt spekulieren, woher der Titel stammt! -, das sich im Wald verläuft. Auf ihrer neuntägigen Odyssee lernt sie viele Freunde kennen: den mutigen Löwen mit den zwei Köpfen, der auf der Suche nach der wahren Liebe ist; Trixi, die heiße Gogo-Tänzerin wider Willen und natürlich den Nadelstreifen-Punker, den sie nur "Boring mit dem Ohrring" nennen. Die Gruppe wächst schnell zusammen - und das muss sie auch! Wie wären sie sonst in der Lage, die Welt zu retten vor dem unsagbaren Gott der Verirrten! Er, dessen Name ein Versprechen von Tod und Folter ist. Allein die Erwähnung seines Namens lässt einem das Blut in den Adern gefrieren, bringt Frühlingswiesen zum Welken, Grundfeste zum Beben, lässt Bäume vor Angst nach unten wachsen und hinterlässt auf der Zunge den Geschmack von drei Tage altem, in der Mikrowelle wieder warm gemachtem Kaffee, in dem sogar ein Löffel stehen würde. Gruselig war vor allem die Untergrundorganisation namens Giliew-gnal, die immer wieder Familienangehörige der Protagonisten folterte. Achja, und da war ja noch...

Was?

Nicht?

Gut, zugegeben, ich bin beim Lesen einige Male eingeschlafen und hab das eine oder andere wohl nur geträumt, aber die Handlungsfäden sollten doch die gleichen sein, oder?

Wirklich?

Stimmt, erst jetzt fällt es mir auf: Es gibt KEINE Handlungsfäden! Der Roman ist ein einziges Vorsichrumgeplansche im seichten Wasser literarischer Wattbänke! Die Spannung ertrinkt in einer Suppenschüssel, die Dramatik liegt weinend unter dem Bett, Logik und Realismus verlassen rechtzeitig das sinkende Schiff. Wenn ich etwas aus dem Buch gelernt hab, sind es folgende Dinge:

  • Rohe Tiere kann man problemlos essen;
  • Große Entfernungen lassen sich zusammenfalten wie frische Bügelwäsche;
  • Moos wächst immer auf der Nordseite von Bäumen oder auf der Südseite, am besten bewegt man sich nur noch seitlich nach Osten und Westen wie ein Krebs;
  • Kinder benutzen gerne metaphysische und theologische Begriffe;
  • Hubschrauber eignen sich hervorragend, um Kinder und kleine Säugetiere im dichten Wald zu suchen;
  • Wespen wohnen in den Nasenlöchern von Bären, wo sie eine symbiotische Bindung mit ihnen eingehen und diese mit Honig versorgen und dafür von den Bären durch die Gegend geschnoddert werden;
  • Große Raubtiere greifen keine Menschen an, wenn diese sich bewegen, atmen, essen oder ruhig Heia machen - im Notfall also einfach flach auf den Boden legen, ein Zelt aufbauen, schlafen oder die Steuererklärung machen!

Fazit: Leider ein unglaublich einfallsloser und (gerade für das fassbare Thema) unrealistischer Roman, der trotz seiner nur 280 Seiten schwer im Kopf liegt!

Zweiter Durchgang (2 / 5)

Das Mädchen ist ein Roman, der sich stark von den übrigen Werken Kings unterscheidet. Gerade dies sollte sich der Leser vor Augen halten, wenn er zu Das Mädchen greift. Der Roman ist viel einfacher und unschuldiger als die bekannten Werke. So gibt es keine perversen Kindesmörder, keine korrupten Politiker, keine Wissenschaftler, welche die Welt verbessern wollen; keinen Kampf, um das Fortbestehen der Menschheit oder ganzer Dimensionen. Es geht lediglich um das Überleben eines kleinen Mädchens. Punkt.

So setzt sich King hierbei ein vergleichsweise geringes Ziel, das am Ende auch erreicht werden kann. Keine tragischen Abstriche, keine komplexen Verlustängste, einfach ein einfaches Ende ohne weitere Konflikte. Da King sich vor allem durch absurde Ideen ("Was ist, wenn ein Flugsaurier, in einen Supermarkt eindringt?") auszeichnet - Karikaturen der Wirklichkeit, Picassos des Möglichen, Dalìs der Vorstellungskraft - fehlt ihm bei einer bewusst realistisch gehaltenen Geschichte der Wind in den Segeln. Denn trotz aller Realitätsnähe, die das Überleben im Wald betreffen, muss King am Ende wieder in sein bekanntes Metier abgleiten und macht aus dem Antagonisten ein Bild des Irrsinns (respektive: einen Gott der Irrsinnigen). Wieso hält ein Bär einen Stock in der Hand, lässt Wespen in seinem Kopf wohnen und verfolgt ein Mädchen, das er im Schlaf hätte töten können? Der Endkampf (Wieso bracht eine Geschichte des Verirrens einen Endkampf?) nimmt dem Roman am Ende viel der aufgebauten Empathie.

Allerdings hat der Roman auch einzigartige Züge im positiven Sinne. King schafft es tatsächlich, sich für einige hundert Seiten wirklich zusammenzureißen und die kranken Phantasien, die ihm sonst beim Schreiben aus dem Kopf fallen (wie Wespen) und auf das Papier tropfen, eingesperrt zu lassen. Es gibt in diesem Buch keine Person, die einem durch unflätlichen Verhalten unsympathisch sein kann. Vor allem die Protagonistin Trisha schafft es mit ihrer verletzbaren Unschuld den Leser für sich zu gewinnen. Ohne Abstriche.

Dennoch spielt King hier eine Pokerrunde mit Blind-Einsätzen und kostet sein Blatt nicht aus. Die Geschichte hätte stärker auf den Endkampf hinwirken müssen oder ihn in anderer Weise umsetzten sollen. Daher wirkt die Geschichte im Nachhinein etwas fad. Ob einem dieses Werk zusagt, hängt ausnahmsweise nicht vom Namen des Autors auf dem Cover ab, sondern allein von der Geschichte.

Mr. Dodd (5 / 5)

Da es mein Lieblingsking ist, vielleicht sogar mein Lieblingsbuch, eine etwas ausführlichere Fassung, wie es zu dieser ungewöhnlichen Wahl kam.

Wie fand ich mein Lieblingsbuch?

Zunächst stöberte ich in einem Stephen-King-Forum und schaute mir auch Threads an mit dem Namen "Schlechtestes King-Buch" oder "Die 3 besten und schlechtesten Bücher von Mr. King". In beinahe jedem zweiten Beitrag tauchte da der Name Das Mädchen auf und auch in anderen Threads mit Bewertungen fand man das Buch am unteren Ende. Zum Teil wurde es verunglimpft mit Ausdrücken wie "The Girl who loved to bore me". Die Erwartungen schraubten sich in den Keller. Hat Stephen King hier wirklich einmal einen Fehlgriff geleistet? Wann soll ich das Buch lesen, wenn ich mir doch vorgenommen habe alle zu lesen? Ungefähr gegen Weihnachten war es dann so weit und um mich darauf einzustimmen, las ich schon ohne mich zu spoilern einige Rezensionen. Gut, das Thema sich im Wald zu verirren klang jetzt überhaupt nicht schlecht, nur das Baseball so eine große Rolle spielen soll, schreckte mich dann ab.

Baseball ist eine der langweiligen Sportarten, die außerhalb der USA wohl kein Mensch toll findet, ähnlich wie American Football. In einer Welt, in der der Fußball längst den Sport dominiert, ist das in meinen Augen umso ärgerlicher, dass die Amis wohl als einzige Nation immer noch Begeisterung daran finden mit einem Stock einen Ball wegzuschlagen und durch ein ganzes Stadion zu laufen. Darüber ein Buch? Das kann schon ärgerlich werden. Also waren meine Erwartungen bezüglich dieses Buches bei nahezu Null und so bekam ich es zu Weihnachten zusammen mit Das Bild und Desperation, um schnell etwas zu haben, damit dieser Flop vergessen werden konnte.

Nachdem ich mit Puls einen ganz guten Roman durchhatte, seufzte ich schon bei dem Blick auf das Buch. Nur 300 Seiten, also gut schnell weg damit...

Ein Meisterwerk beginnt perfekt...

Bei ein was lag ich dann doch nicht falsch, es wurde schnell und hätte ich keine Vorlesungen gehabt am jeweilig nächsten Tag, ich hätte die 300 Seiten in einem Rutsch durchgehabt. Zur größten Qual wurde es, als ich das Lesen zweimal unterbrechen musste, da es doch langsam ein wenig spät wurde.

Nie hat mich ein Buch so sehr gefesselt wie dieses. Es dauerte höchstens zehn Seiten und es kam mir vor, als ob ich hinter Trisha laufen würde, als nicht wahrnehmbarer Schatten. Noch mehr aber eigentlich, denn ich spürte deutlich ihre Ängste, Hoffnungen und Verzweiflungen, als sie sich immer tiefer in dem Wald verirrte. Ich bekam Mitleid mit ihr und hätte sie am liebsten getröstet, als sie sich hinsetzte und einfach nur weinte, weil sie keinen Ausweg aus ihrer Lage sah. Spürte fast selber die Schmerzen, als die Wespen über sie herfielen, freute mich über jeden Fortschritt, den sie zustande brachte, bangte um sie, als sie merkte, dass sie von irgendetwas Unbekanntem verfolgt wurde und hoffte mit ihr, dass sie es doch noch schaffte. Fast aufgeschrien vor Entsetzen hätte ich, als sie der Rettung so nahe, den falschen Weg nimmt und statt ihrer Rettung immer tiefer in die Wälder gerät.

Was sich äußerst schmalzig anhört, waren tatsächlich meine Gedanken beim Lesen. Trisha wurde für mich zu eine der sympathischsten, authentischsten Kingfiguren überhaupt. Viele behaupten zwar sie handle völlig unrealistisch für ein neunjähriges Mädchen, doch ich behaupte genau das Gegenteil. Sie handelt wie ein Mensch, der sich in einer Extremsituation befindet, sich nicht aufgeben darf, wenn er überleben will und seinen ganzen Mut zusammennehmen muss, um einen Weg aus einer nahezu aussichtslosen Lage zu finden. Das ein Kind dabei gelegentlich in sein kindliches Verhalten zurückfällt, ist genauso realistisch und die Mischung aus beiden Eigenschaften gelingt King einfach nur perfekt.

Moment mal, da war doch noch das von mir so verschmähte Baseball. Wie das King löst trägt zur weiteren Brillianz dieses einzigartigen Romans bei. Untergliedert ist der Roman in Innings (unfassbarerweise im Deutschen übersetzt mit Durchgänge), die Teil eines Baseballspiels sind. Neun gibt es insgesamt und diese machen mehr oder minder den ganzen Roman aus. Schon in der Erzählstruktur verbindet King also Trishas Lieblingsspiel mit dem Roman. Noch besser aber wird es bei der Darstellung des Tom Gordon. Zweimal nur bekommen wir ein Baseballspiel zu hören und dabei ist vollkommen irrelevant, wie stupide und langweilig dieses Spiel eigentlich ist, denn das vorkommt im Angesicht der Tatsache welche Bedeutung es für Trisha hat. Ihr Glauben an ihr Idol Tom Gordon gibt ihr die nötige Kraft und das Durchhaltevermögen aus dem Wald zu entkommen. Einmal gewinnt Tom Gordon das Spiel seiner Mannschaft, Trisha hat zu diesem Zeitpunkt ein kleines Hoch, Tom Gordon verliert mit seiner Mannschaft, Trisha geht es äußerst schlecht. Einfach nur super wie King ein Baseballspiel, welches durch Kampf, Siegeswillen und Glauben an sich selbst gewonnen werden kann, verbindet mit Trishas Situation, die ähnliche Tugenden braucht. Tom Gordon und Baseball ist also nichts anderes als eine Leitfigur, ein Hoffnungsschimmer für Trisha. Genauso gut hätte Tom Gordon auch ein bekannter Fußballer sein können, oder der Roman in die Drittel eines Eishockeyspiels unterteilt sein können. Wichtig ist nicht die Sportart, sondern die Hoffnung, Begeisterung und die Euphoriegefühle, die sie in einem Menschen auslösen kann. Für mich als Fußballfan (Energie Cottbus) eine sehr gute Botschaft.

...und endet perfekt!

Nach ungefähr 200 Seiten war für mich jeder Zweifel ausgeräumt, dies ist kein King-Flop, sondern eines seiner Meisterwerke. Die einzige bange Frage: Hoffentlich verhunzt er nun nicht das Ende. Auch da Fehlanzeige. Trisha ist dem Ende nahe und wieder hilft ihr nur ihr Idol Tom Gordon. Mit dem Bären wird nur noch ein passendes Spannungselement eingebaut. Sicher kann man sich über sein seltsames Verhalten streiten, doch ich sehe ihn eher als Symbol für Trishas Ängste, die sie im Wald durchsteht, genau wie der Gott der Verirrten eine Metapher dieser Verirrtheit ist. Es gelingt King, im Gegensatz zu den meisten seiner Geschichten, einen dem Roman angemessenen Höhepunkt zu kreieren. Auch ich verspürte Triumph, als sich Trisha mit letztem Mut und letzter Kraft ihren Ängsten (dem Bär) stellt und die Macht entwickelt über diesem zu triumphieren.

Fast weinen vor Freude möchte man, als Trisha im Krankenhaus aufwacht, zu ihrem geliebten Vater aufschaut, ihm klarmacht, was Tom Gordons rätselhaftes In-den-Himmel-zeigen nach einem gewonnenen Spiel zu bedeuten hat und dann lächelnd wieder einschläft, als ihr Vater es versteht. Fast weinen möchte man auch, weil ein so grandioses Meisterwerk nun zu Ende ist.

Fazit

Die größte Erkenntnis für mich nach diesem Roman war, King braucht keine brutalen Monster; rätselhafte, postapokalyptische Welten; menschenvernichtende Seuchen; oder brutale Mörder, damit seine Romane Meisterwerke (genannte Werke werden damit auf keinen Fall abgewertet) sind. Horror kann er auch mit ganz alltäglichen Situationen perfekt erzeugen, wie hier mit dem "sich in einem Wald verirren", was jedem von uns einmal passieren könnte. Es ist die Darstellung der Einfachheit und das Alltägliche des Horrors, verbunden mit dem Glauben an Alltägliches wie dem Sieg seiner Lieblingsmannschaft, und die passende, sympathische Protagonistin, warum ich ohne mich zu schämen sage, dass dies für mich der Höhepunkt von Kings Schaffen ist.

Einziger Kritikpunkt ist die dämliche, deutsche Übersetzung des Titels, die aus The Girl Who Loved Tom Gordon Das Mädchen macht. Genauso gut könnte es aber auch heißen The Novel Who Is Loved By E.S.

So kann ich nur sagen, danke Stephen King für die intensivste, literarische Erfahrung meines Lebens!

Rezension auch zu lesen auf BookOla.de


Jimla (5 / 5)

Mir geht es da ähnlich wie Mr. Dodd über mir. Zwar würde ich nicht so weit gehen, "Das Mädchen" als meinen Lieblings-King zu bezeichnen, jedoch war es ein sehr intensives Leseerlebnis.

Ab dem Moment, in dem sich Trisha allmählich bewusst wird, dass sie - obwohl sie nicht weit vom Weg entfernt sein kann - völlig die Orientierung verloren hat, gerate ich mit ihr in Panik und beginne in der verzweifelten Hoffnung, doch auf den Pfad zurückzufinden, bevor die Angst mir die Kehle zuschnürt, willkürlich drauflos zu rennen, anstatt - wie es vernünftig wäre - einfach an Ort und Stelle zu verweilen und sich suchen und finden zu lassen. Denn wer will sich schon die Blöße geben, sich von einem Suchtrupp finden zu lassen, während man eventuell nur 50 Meter vom Wanderweg entfernt ist?

Obwohl ich also beim Lesen einige Jahre älter war als Trisha und ich kaum Ähnlichkeiten mit ihr habe, konnte ich ihre Reaktion auf die missliche Lage gut nachempfinden. Der Magen verkrampft sich immer mehr, je weiter Trisha in den Wald hineinläuft; man möchte ihr von der Ferne zurufen anzuhalten, während man gleichzeitig in ihr drinsteckt und voller Angst ins Verderben rennt.

Trisha findet - so wie der Leser - Trost in dem Umstand, dass sie ihr Radio dabei hat, mit dem sie die Spiele ihres Baseball-Stars Tom Gordon mitverfolgt. Es sind dies Minuten, in denen sie all die begründeten und unbegründeten Ängste, die sie quälen, vergessen kann; Tom Gordon wird zu ihrem Talisman, der sie durchhalten lässt. Auch dann, wenn sich der King'sche Horror in Form von unheimlichen Fieberfantasien offenbart. Mich als Leser quälte derweil die Tatsache, dass Trisha ihrer Rettung einmal ganz nah ist und sich dann doch für den falschen Weg entscheidet - eine Information, die sich King nicht verkneifen konnte und mich beim ersten sowie beim zweiten Lesen zutiefst erschütterte.

Ach Gott, allein beim Schreiben dieser Rezension kehre ich in Gedanken mit Trisha in diesen unheimlichen, endlosen Wald zurück und fühle mich darin wie der einzige Mensch auf einem fremden Planeten. "Das Mädchen" ist ein kurzes, intensives Erlebnis, für welches ich mich mit der Höchstwertung bedanken möchte.

Horaz Klotz (4 / 5)

Ein weiterer Roman, eine weitere menschliche Urangst. Diesmal arbeitet sich King am Motiv des Verirrens ab und entfaltet vor dem eindrucksvollen Hintergrund der amerikanischen Wildnis eine Geschichte, die an jedem Ort und zu jeder Zeit spielen könnte. Das ganze funktioniert für mich so gut, dass ich nicht wirklich nachvollziehen kann, wie viele die Geschichte langweilig fanden. Das ist ein Buch über das Überleben im Wald, klar dass da nicht auf jeder Seite Action wartet und das einige Handlungsstränge vorgegeben sind. - Die zunehmende Verzweiflung, seltsame Geräusche in der Nacht, die Suche nach Nahrung, das hat man natürlich alles schon gelesen, aber King gelingt es die trockenen Survival-Aspekte spannend zu halten. Bei einem so allgemeinen Thema kann man gar nicht anders als sich aus der Sicherheit seines Lesesessel heraus zu fragen wie man sich selbst in so einer Situation verhalten würde. Weiß ich wirklich welche Pilze und Beeren man essen kann? Könnte ich mir einen notdürftigen Unterschlupf bauen? Und was macht man eigentlich wenn nachts ein Wildschwein, ein Bär oder - etwas anderes durchs Gebüsch kriecht?

So eine Identifikation mit der Hauptfigur gelingt natürlich besonders gut, wenn der Protagonist halbwegs sympathisch ist. Und auch hier liefert King gut ab. Trisha lässt das Klischee des hilflosen kleinen Mädchens schnell hinter sich und wird schon nach ein paar Dutzend Seiten zum ganz eigenen nachvollziehbaren Charakter. Dabei fand ich die gelegentlich ziemlich krassen Stimmungsschwankungen zwischen naiver Hoffnung und tiefer Verzweiflung nicht nur realistisch, sondern auch narrativ interessant. Ist Trisha am Anfang ihres Abenteuers noch eine klassische Kingsche Kinderheldin, die sich mutig jeder Gefahr stellt, erinnert sie in ihren düstersten Momenten an die deutlich erwachseneren Helden in Todesmarsch, die einfach weiterlaufen obwohl sie jede Hoffnung verloren haben. Der Kniff die Stimmungslage über die aktuellen Baseball-Spiele zu spiegeln ist dabei manchmal ein bisschen dick aufgetragen, funktioniert aber insgesamt ziemlich gut. Und verglichen mit dem was andere in der Wildnis auf sich allein gestellte King-Charaktere so durchmachen müssen (Überlebenstyp), bleibt das ganze nett kindgerecht.

Ist Das Mädchen bis hier ein solides, aber doch unauffälliges Survival-Abenteuer wird mit dem düsteren Gott der Verirrten ein King-typisches Horror-Element eingebaut. Was eine bisschen alberne Kinder-Version von Blair Witch Projekt hätte werden können - immerhin hinterlässt auch der Verirrten-Gott nachts mysteriöse Symbole und Zeichen im Wald - bleibt hier durchgehend spannend. King lässt sich wieder Mal auf den Drahtseilakt ein, bis zum Ende offen zu lassen ob hier wirklich ein echtes Monster durch die Handlung streift oder ob Trishas Kinderfantasie ihr einen Streich spielt. Das funktioniert wunderbar, besonders weil er sich auf Motive beschränkt, die einem im Wald wirklich gefährlich werden könnten statt sich in allzu fremdartigen Monster-Beschreibungen zu verlieren. Ein Bär und ein Wespenschwarm sind auch für sich genommen gruselig und die Idee dass sie sich in der Dämmerung im Geist eines verängstigten Kindes in ein echtes Monstrum verwandeln können, ist naheliegend genug. Leider geht dieser spannende Zweikampf Mädchen gegen Monster am Ende nicht wirklich auf. Nachdem sie sich über hunderte Seiten ganz allein durchgeschlagen hat, muss Trisha doch wieder von einem zufällig vorbeikommenden Wilderer gerettet werden. Immerhin fand ich es geschickt gelöst, dass der Bär/Gott nur vertrieben, nicht getötet wird und die bohrende Ungewissheit, was genau unsere Heldin da tagelang verfolgt hat bestehen bleiben darf.

Fazit: Nett geradliniges Überlebensbuch, mit sympathischer Protagonistin und genau der richtigen Menge King-Monster-Fantasy. In dem Buch verirre ich mich gern mal wieder.


V E Artikel über Das Mädchen
Roman, Inhaltsangabe (Teil I, Teil II), Filmprojekt, Hörbuch, Rezensionen: (Roman, Original-Hörbuch) • Coverpage
Charaktere: Trace Adkins, Tom Gordon, Gott der Verirrten, Travis Herrick, Patricia McFarland
Schauplätze: Appalachian Trail, Neuengland, Castle Rock
Sonstiges: V. C. Andrews, Bienen, Trishas Ausrüstung, Das Unscheinbar Wahrnehmbare, Isolation